4. Februar 2023

Impuls aus unserem Gottesdienst zum Halbjahr

Was haben eine bunte, sichtlich mitgenommene brennende Kerze, ein Kreuz aus Teilen des ehemaligen „Antifaschistischen Schutzwalls“, des Grenzzauns zwischen Ost- und Westdeutschland, eine regenbogenfarbene „Pace“-Flagge und eine selbstgebastelte, überlebensgroße Friedenstaube miteinander zu tun? Mehr als es im ersten Moment scheint …

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Am 03. Februar, dem letzten Schultag vor der Zeugnisausgabe und den Winterferien, war es ab 8.00 Uhr in der Moritzkirche wieder soweit: Nach der coronabedingten zweijährigen Zwangspause durften wir als Elisabeth-Gymnasium mit annähernd 1000 Schülerinnen und Schülern und den Lehrenden unseren Halbjahresgottesdienst feiern. Vorbereitet wurde er von der Klasse 9a mit ihren Klassenleiterinnen Frau Böltzig und Frau Siebert und mir. Musikalisch grandios ergänzt mit Singenden aus den Klassen des ELG und dem neu gegründeten Doppel-quartett unserer Schule – unter der kundigen Leitung von Herrn Konopik, einem unserer Musiklehrer.

„Auge um Auge …“ (vgl. Buch Exodus 21, 24 im Alten Testament der Bibel oder jene Stelle aus der „Bergpredigt“ Mt. 5, 38 im Neuen Testament) stand „Frieden in dir ist möglich!“ ge-genüber. In unsicheren Zeiten wie diesen mit einer kriegerischen Auseinandersetzung in Osteuropa, die am 24. Februar ihren ersten Jahrestag hat, fragen sich Viele: Ist echter Friede zwischen Menschen überhaupt dauerhaft möglich?

Die bunte Kerze steht im „Raum der Stille“ im Elisabeth-Gymnasium. Dort gedenken seit Monaten immer mittwochs Lernenden und Lehrende in der 2. Pause gegen 11.10 Uhr derer, die in der Ukraine Krieg hautnah erleiden. Es sind Menschen wie Du und Ich, die sich nach einem lebenswerten Dasein in Frieden sehnen. Frieden in dir ist möglich!

Das Kreuz aus Stücken des ehemaligen, für die meisten unüberwindlichen Grenzzaun zwischen DDR und BRD erinnert an Menschen, denen es jahrzehntelang nicht möglich war, trotz aller Unterschiede als ein Volk zu leben. Frieden in dir ist möglich!

Die regenbogenfarbene „Pace“ Flagge spielte bereits Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in Italien eine wesentliche Rolle in der dortigen Friedenbewegung. Eine Renaissance erfuhr sie 1986 im oberitalienischen Assisi. In der Stadt des heiligen Franziskus bei einem Treffen vieler Frauen und Männer aus unterschiedlichsten Religionen und Glau-bensgemeinschaften, zu dem Papst Johannes Paul eingeladen hatte. Zeichen ist diese Fahne dafür, dass ein friedliches Miteinander auch über Grenzen hinweg vorstellbar und machbar ist. Frieden in dir ist möglich!

Drehe ich diese Fahne um, so dass der Farbverlauf von Rot nach Violett geht, steht sie für die LGBT-Bewegung, inzwischen erweitert und farblich ergänzt als LGBTQIA+. Für Menschen, die immer noch verlacht, diskriminiert und verfolgt werden wegen ihrer geschlechtlichen, sexuellen und romantischen Orientierungen/ Identitäten. Frieden in dir ist möglich!

Eine Friedenstaube schließlich, wie sie in stundenlanger Arbeit von drei Schülern aus der 9a gestaltet wurde, verbinden viele mit Frieden. Der Friedensbeauftragte des Rates der evan-gelischen Landeskirche in Deutschland, Landesbischof Fridrich Kramer, wird am 24. Februar in den Räumen des Elisabeth-Gymnasiums Schülerinnen und Schülern der Oberstufe Rede und Antwort stehen zu Fragen des Friedens. Frieden in dir ist möglich!

Nicht „Auge um Auge“, sondern „Frieden in dir ist möglich!“ 
Wie das gehen kann?

Das folgende Gebet erschien bereits 1912 ohne Angabe des Verfassers in der Dezemberausgabe der französischen Zeitschrift „La Clochette“. Es bringt für mich auf den Punkt, wie auch bei mir Frieden möglich werden kann:

Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens. 
Wo Hass herrscht, lass mich Liebe entfachen. 
Wo Beleidigung herrscht, lass mich Vergebung entfachen. 
Wo Zerstrittenheit herrscht, lass mich Einigkeit entfachen. 
Wo Irrtum herrscht, lass mich Wahrheit entfachen. 
Wo Zweifel herrscht, lass mich Glauben entfachen. 
Wo Verzweiflung herrscht, lass mich Hoffnung entfachen. 
Wo Finsternis herrscht, lass mich Dein Licht entfachen. 
Wo Kummer herrscht, lass mich Freude entfachen.

(Übersetzung aus dem Französischen von Olaf Schmidt-Wischhöfer, 2010)

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger